Donnerstag, 5. September 2024

MEO Kalorama Festival - Lissabon - 29.08.-31.08.24

 


Konzert: MEO Kalorama Festival
Ort: Lissabon
Datum: 29.08.-31.08.24
Dauer: 3 Tage
Zuschauer: Tageskarten und WE-Tickets


Der Begriff "Win-Win Situation" kann ja eigentlich nicht mehr unironisch verwendet werden. Die Idee, einen Städte-Trip und ein Festival zu verbinden, könnte der Wortschöpfung aber ausnahmsweise mal wieder gerecht werden.

Mehr als 2000km entfernt von zu Hause erlebt man jedoch eine komplett andere Festivalkultur. Doch dazu später mehr. 


Das MEO Kalorama findet erst zum dritten Mal in einem wunderschönen, hügeliegen Park östlich der Stadt statt, und bietet eine neue Alternative zu den etablierten Playern in Portugal, wie dem NOS Alive oder den Primavera Festival im Juni.

Die stabile Wetterlage erlaubt entspannte Stadtbummelei an allen Festivaltagen. Keiner muss tagsüber in der Hitze auf dem Gelände schwitzen. Die interessanten Konzerte starten alle bei Sonnenuntergang und dauern bis tief in die Nacht. Und damit sind wir dann auch schon bei den Besonderheiten:


Campingplätze und überfüllte Anfahrtswege mit langen Staus sucht man vergebens. Menschen mit Wochenend-Tickets bilden die Ausnahme. Man reist gemütlich zu einem der Tage mit der Metro aus der Innenstadt an und hat dann nur noch einen kleinen Anstieg bis zum Eingangstor zu bewältigen. Selbst größere Festivals ähneln hier einem "walk in the park" mit Freunden. Ohne den Anspruch mit einem festen Zeitplan über das Gelände zu eilen.

Dadurch macht es für die Veranstalter natürlich noch mehr Sinn, die einzelnen Abende zumindest etwas thematisch zu gliedern. Ebenfalls typisch für Festivals im Süden Europas sind deutlich weniger Bands auf dem Poster, dafür entschädigt jeden Abend ein Doppel-Headliner, die ihre Namen auch allesamt verdienen.



Etwas gewöhnungsbedüftig sind die vielen Sponsoren und kirmesartigen Stände, die sich aber auf dem sehr weitläufigen Gelände gut ausblenden lassen. Bargeldlose Zahlung und gute Organisation sind Standard. Nur die Toilettensituation am Freitag war grenzwertig.

Über Geld redet man natürlich nicht. Totzdem ein Vergleich: Das WE-Ticket mit Headlinern wie LCD Soundsystem, Jungle, Massive Attack und anderen kostet hier in der teuersten Preisstufe ca. 160 EUR. Das ist weniger, als ein reiner Stellplatz für einen Camper auf der grünen Wiese bei einem niederländischen Festival (ohne Eintrittsticket). Es gibt auch keinerlei VIP Upgrades oder andere versteckte Kosten.

Neben den großen Namen gibt es eine gute Handvoll Newcomer (Yard Act, Nation of Language, Ezra Collective), gestandene Festivalgrößen (The Kills, DEUS, Gossip) und viele einheimsche Bands am Nachmittag.


Musikalisch stachen die immer gleiche. aber immer tolle Darbietung von LCD Soundsystem, der etwas überdrehte Soul/RAP/Blues der preisverwöhnten Raye, und ein perfekt inszeniertes Sets voller Hits des sehr sympatischen Sam Smith heraus.  


Massive Attack kamen in Klassenstärke mit fast allen Sänger/innen. Neben Elizabeth Frazer, Horace Andy und Deborah Miller waren sogar noch die Young Fathers live dabei. Wären nicht die auf Dauer nervenden politischen Botschaften auf der Leinwand, es wäre ein noch größerer Genuß. Frontaluntericht auf einem Festival macht leider keinen Spaß. So wichtig der Band diese Anliegen auch schon immer waren.


Mit geschätzten 15.000 - 20.000 Besuchern (die Tage waren durch die vielen Tageskarten sehr unterschiedlich gut besucht) ist dort ein Festivalbesuch möglich, der bei uns durch eine andere Kalkulation (höhere Kosten) oder mehr Konkurrenz (höhere Bandgagen) nicht mehr möglich erscheint. 

Es ist daher eine großartige Idee, Festival und Stadtbesichtigung zu verbinden. So relaxed wie dort Festivals ausgerichtet werden, hält sich die "Doppelbelastung" in klaren Grenzen. Große Namen und große Städte. Die Kombination gelingt hervorragend.

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