Donnerstag, 31. Dezember 2009

My Year in Lists: die 18 besten Konzerte des Jahrs 2009 (Fabien)

0 Kommentare

Fabien ist ein französischer Konzertgängerfreund. Der sympathische Bursche hat einen erlesenen Musikgeschmack und nimmt regelmäßig die Mühen in Kauf, aus dem Norden Frankreichs nach Paris anzureisen, um die besten Gigs mitzubekommen. Interessanterweise erinnert er sich an genau 18 denkwürdige Konzerte. Auch bei ihm gibt es keine besondere Reihenfolge, wenngleich er Mew auf Platz eins sieht. Merci beaucoup, Fabien!


01: Mew - La Maroquinerie, Paris

- Au Revoir Simone à l'Alhambra et aux Nuits Secrètes
- The Nits à l'Alhambra, Paris
- Dominique A à la Ferme du Buisson
- Elbow, Bataclan, Paris
- Black Lips, Primavera Festival, Spanien
- Hope Sandoval au Café de la Danse, Paris
- Vetiver à la Maroquinerie et au Point Ephemere, Paris
- Coming Soon au Café de la Danse
- The Warlocks à la Maroquinerie, Paris
- TV On The Radio à la Garden Nef Party, Angoulême (Festival)
- Wild Beasts en Black Session et à l'Aeronef, Lille
- Danananananaykroyd à la Maroquinerie, Paris
- Camera Obscura à la Maroquinerie, Paris
- The Pains of Being Pure at Heart au Primavera Festival, Spanien
- The Jim Jones Revue à la Garden Nef Party, Angoulême
- Ra Ra Riot à la Flèche d'or, Paris
- Troy Von Balthazar en Oliver Peel Session !!!



My Year in Lists: die 15 besten Konzerte des Jahrs 2009 (Dirk)

0 Kommentare

Dirk ist der Big Boss des famosen Blogs Platten vor Gericht und somit ein ausgewiesener Experte in Sachen CD Reviews. Auf Konzerte geht er allerdings auch gerne und er verrät uns sogar netterweise, welche ihm 2009 am besten gefallen haben. Danke vielmals, Dirk!



1. Oasis, Düsseldorf, Philipshalle (04.02.09)
2. Oasis, Hamburg, Alsterdorfer Sporthalle (16.01.09)
3. Beirut, Köln, Philharmonie (12.08.09)
4. Billie the Vision & the Dancers, Köln, Tsunami (17.05.09)
5. The Pains of Being Pure at Heart, Köln, Luxor (04.06.09)
6. Antony and the Johnsons, Frankfurt, Alte Oper (27.04.09)
7. Morrissey, Offenbach, Capitol (09.06.09)
8. Emiliana Torrini, Köln, Kulturkirche (05.02.09)
9. Sophia & Dear Reader, Köln, Museum Ludwig (12.02.09)
10. Franz Ferdinand, Köln, Palladium (14.03.09)
11. A Camp, Stockholm, Cirkus (06.04.09)
12. Morrissey, Köln, Palladium (11.06.09)
13. Loney, Dear, Haldern Pop Festival (14.08.09)
14. Dear Reader, Haldern Pop Festival (15.08.09)
15. Jeniferever, Frankfurt, Elfer Music Club (07.08.09)



My Year in Lists: die 20 besten Konzerte des Jahrs 2009 (Julius)

0 Kommentare

So, Zeit für den Jahresrückblick, wenngleich 2009 erst in gut 3 Stunden beendet ist, zumindest in Mitteleuropa.

Unser wortgewandter Mitautor Julius aus Wien hat uns netterweise seine 20 besten Konzerte übermittelt. Auf eine genaue Reihenfolge möchte er sich aber nicht festlegen. Vielen lieben Dank, Julius!

- Sonic Youth - Krems
- Antony & The Johnsons - Krems
- Mogwai - Linz
- Kraftwerk - Southside Festival
- Morrissey - Wien
- Soap & Skin - Linz
- Grizzly Bear - Haldern Pop Festival
- Bon Iver - Haldern Pop Festival
- Mumford & Sons - Haldern Pop Festival
- Wintersleep - Haldern Pop Festival
- Radiohead - St. Pölten
- Radiohead - Prag
- Coldplay- Rock Werchter Festival
- Patrick Wolf - Wien
- Port O'Brien - Wien
- Julian Plenti - Wien
- The Horrors - Wien
- Muse - München
- Ramona Falls/Dear Reader - Wien
- Notwist - Wien



Mittwoch, 30. Dezember 2009

Vanishing Twins & Jasmina Maschina, Paris, 30.12.2009

0 Kommentare

Konzert: Vanishing Twins & Jasmina Maschina
Ort: Espace B, Paris
Datum: 30.12.2009



Warum veröffentlichen eigentlich alle Blogs und Musikzeitschriften ihre Jahresbestenlisten im Laufe des Dezembers? Das Jahr ist doch noch gar nicht zu Ende! Der Beweis: heute steht noch ein Konzert an, das ich in Paris besuchen werde. Auf dem Programm Jeanne Madic, eine Pariser Akordeonspielerin, die schon meine Gäste bei einer wundervollen Oliver Peel Session mit Simone White zu Tränen gerührt hat und inzwischen unter dem Moniker Vanishing Twins firmiert. Ebenfalls am Start: Jasmina Maschina, eine Australierin, die in Berlin lebt und Golden Disko Ship. Also ich bin dabei! Kommt doch auch, wenn ihr gerade in Paris seid und nicht wisst, was ihr heute abend machen sollt!

Pour nos lecteurs français:


Jeanne Madic, la fille à l'accordéon,qui a joué une superbe Oliver Peel Session avec Simon White, à donné un nouveau nom à son projet. Désormais elle s'apelle Vanishing Twins. Sa musique et sombre, fragile et d'une beauté profonde. Elle sera en concert le 30 décembre à L'Espace B avec Jasmina Maschina et Golden Disko Ship. L'entrée coûte seulement 8 Euro. J'y serai!

Bericht folgt am 31.12.2009. Es war wundervoll! Zudem ergab sich ein netter Plausch mit einem der vielbeschäftigsten Drummer der amerikanischen Indieszene. Ben McConnell spielt bei Marissa Nadler, Beach House, Brightblack Morning Light, Rain Parade, Espers, Phosporescent etc. Er war als Gast da. Ein netter Kerl! Wir nahmen gemeinsam die letzte Metro...



Samstag, 19. Dezember 2009

The Longcut & Dan Black, Paris, 17.12.09

0 Kommentare

Konzert: The Longcut & Dan Black (Inrocks Indie Club)
Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 17.12.2009
Zuschauer: nicht sonderlich gut besuchte Veranstaltung



Mein letztes Konzert vor den Weihnachstfeiertagen war nicht unbedingt mein bestes, aber zumindest The Longcut aus Manchester haben einen fetzigen Auftritt hingelegt und mich neugierig gemacht. Mit diesen Sheogazern muss ich mich mal näher beschäftigen. Dan Black hingegen war ziemlich scheußlich, da ist mir Frank Black doch deutlich lieber...

Setlist The Longcut, La Maroquinerie, Paris:

01: Tell You So
02: Gravity In Crisis
03: Evil Dance
04: Transition
05: Y.C.A.H.M.
06: Opne Hearts
07: Idiot Check
08: Repeated
09: Tried & Tested
10: Quite Life

Setlist Dan Black, La Maroquinerie, Paris:

01: Pump My Pumps
02: U +Me =
03: Wonder
04: Ecstasy
05: Alone
06: Symphonies
07: Pass That
08: Yours

09: ORC
10: I Love Life


Freitag, 18. Dezember 2009

Konzertankündigung Fanfarlo

0 Kommentare

Konzertankündigung: Fanfarlo

Ort: verschiedene Locations in Deutschland, Frankreich, Belgien

Daten: etliche im Januar 2010



Leben wie Gott in Frankreich heißt unter anderem auch, eine aufstrebende Band wie Fanfarlo schon im Juni 2008 präsentiert bekommen zu haben. Beim im November 2009 stattfindenen Festival des Inrocks war die quirlige und überaus frisch aufspielende Indiepop Gruppe aus England erneut am Start und hinterließ einen enorm starken Eindruck bei allen Anwesenden. Im Januar 2010 werden sie den Pariser Hattrick vollmachen, danach aber dürfen aber auch endlich die deutschen Fans Fanfarlo live genießen. Also nix wie hin!

Ausgewählte Konzertdate Fanfarlo:

21.01.2010: La Maroquinerie, Paris
22.01.2010: Le Grand Mix, Tourcoing
23.01.2010: Ampere, München
24.01.2010: Studio 672, Köln
26.01.2010: Magnet Club, Berlin
30.01.2010: Ancienne Belgique, Brüssel
01.12.2010: Prinzenbar, Hamburg

Aus unserem Archiv:

Fanfarlo, Paris, 13.06.2008





Mittwoch, 16. Dezember 2009

Peaches, Köln, 15.12.09

0 Kommentare

Konzert: Peaches

Ort: Bürgerhaus Stollwerck, Köln
Datum: 15.12.2009
Zuschauer: nicht weit von ausverkauft, schätze ich
Dauer: Peaches 83 min, Hawnay Troof 30 min


Mit einer sms ("Habe zwei Tickets für Peaches heute abend im Bürgerhaus Stollwerck gewonnen. Lust mitzukommen?") änderte sich meine Abendplanung ganz spontan um kurz vor sechs noch. Warum eigentlich nicht? Das Stollwerck ist einer meiner Lieblingskonzertorte und viel zu selten Austragungsort für Konzerte. Außerdem
schaden Horizonterweiterungen nie. Zu tun hatte ich mit der in Berlin lebenden Kanadierin bisher nämlich nichts.

Als um neun das Vorprogramm startete, kam mir sofort die Geschichte mit dem geschenkten Gaul in den Sinn. Aber da mussten wir dann durch. Und weil Hawnay Troof, ein amerikanischer Rapper, offensichtlich ein anderes Bild von seiner Wirkung hat, als Kölner Publikum, mussten wir in der ersten halben Stunde auch da durch, seinen nicht endenden Mitmach-Aufrufen zuzuhören. Jeder seiner Versuche, die Zuschauer zu irgendwelchen mitgegröhlten Hey-Hos zu bewegen, scheiterte. Zu recht übrigens, auch musikalisch war Hawnay schwer zu ertragen. Immerhin erlebte Hawnay Troof noch ein klein wenig vorweihnachtlicher Gnade. Seiner Bitte, sich beim letzten Lied hinzusetzen, folgte der Großteil des Publikums. Das scheint also wirklich immer zu funktionieren.

Danach wurde zumindest die Show spektakulär. Peaches, bürgerlich Merrill Beth Nisker, tauchte in einer Art Fantasy-Kostüm auf. Sie sah wie ein Vogelmonster aus
einem Science-Fiction-Film aus. Kaum hatte man in Peaches' Kostüm den Kopf der Sängerin gefunden, zog sich die Kanadierin schon um und sah aus wie Tina Turner in Mad Max.

In der ersten Viertelstunde passierte neben den Kostümwechseln so viel, daß ich Schwierigkeiten hatte, mich auf die Musik zu konzentrieren. Was aber auch kein
Verlust war, denn Peaches' Electroclash überzeugte mich nicht sonderlich. Aber dafür, das live auszuprobieren, sind solche Konzerte aus Neugierde ja perfekt.

Nachdem Peaches u.a. eine Projektion angesungen hat, kam der große Höhepunkt des Abends (beim
dritten Lied). Die Sängerin hatte vorher schon crowdgesurft und setzte jetzt noch ein Stück Wagemut drauf. "Wenn Jesus auf Wasser gehen kann, kann ich auf euren Händen gehen!" Und das tat sie dann auch. Peaches schritt singend über ihre Fans. "Wenn ich falle, ist das Konzert sofort beendet!" Sie strauchelte ein paar mal, sang aber unbeirrt weiter. Ganz zweifellos die tollsten Minuten des Abends.

Auch wenn sie nicht fiel, war das Konzert damit im Prinzip für mich vorbei. Musikalisch war das Programm wirklich absolut nicht meine Welt, und das Effektpulver hatte die Kanadierin irgendwann verschossen. Ein (anfangs) spektakulärer Abend, der dann aber deutlich abflachte.



Dienstag, 15. Dezember 2009

Editors & Maccabees, Paris, 14.12.09

7 Kommentare

Konzert: Editors & Maccabees & Wintersleep

Ort: Le Bataclan, Paris
Datum: 14.12.2009
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: Editors 100 Minuten, Maccabees & Wintersleep jeweils etwa 35 Minuten



Ich bin nur wegen der Vorgruppe hier, steht auf Christophs schicker Umhängetasche geschrieben*, die er ab und zu bei Konzerten mit sich trägt. Nicht unbedingt mein Motto. Nicht, weil ich Vorgruppen nicht mag, sondern weil es eine verfluchte Zwickmühle gibt. Gefallen mir die Einheizer, störe ich mich in der Regel daran, daß der Großteil der anderen Besucher mit Ignoranz und Teilnahmslosigkeit reagiert, mißfällt mir der Support, ärgere ich mich darüber, daß ich zu Hause noch Sinnvolleres hätte erledigen können, als einer Band zuzuhören, die ich nicht mag. Genau das Gegenteil einer win-win Situation. Egal was passiert, man ist immer gearscht!

Heute wollte ich aber dennoch beide Vorgruppen unbedingt sehen. Mit Wintersleep und The Maccabees standen schließlich zwei Kracher auf dem Programm. Um die mitzubekommen, musste ich mich gewaltig sputen, denn ich war zusammen mit meiner Frau um 18 Uhr 30 bei der lieben Uschi aus Dortmund zum Gulaschsuppe essen eingeladen. Eigentlich lagen wir gut in der Zeit, merkten aber plötzlich in der U-Bahn, daß wir die Tickets vergessen hatten. Also noch mal zurück und wieder rein in die Metro. Durch diese Kacke hatten wir am Ende 30 Minuten verloren! Ich schaute meine Frau ganz treudoof an und teilte ihr mit, daß ich sofort ins Bataclan gehen würde. Ich war traurig, denn gerne hätte ich gesehen, wie Uschi lebt und die Gulaschsuppe hätte mir bestimmt auch gemundet. Aber wie sagt der Franzose so schön: "C'est la vie." (und damit meint der Froschfresser genauer gesagt: das Leben ist scheiße! Er formuliert es aber höflicher).

Nun gut, ich also allein Richtung Bataclan, als plötzlich mein Magen grimmt und ich es nicht schaffe, an einer Dönerbude vorbeizulatschen, ohne mir mit diesem Gammelfleisch den Magen vollzuschlagen. Eigentlich war das Teil lecker, aber ich möchte nicht wissen, was drin war. Egal. Jedenfalls war der baumlange Bassist von den Maccabess (auf dem Foto rechts) lustigerweise auch da und wenn er dahin geht, muss es ja gut sein. Oder nicht? Ist doch schließlich bekannt, daß sich junge britische Musiker auf Tour äußerst gesund ernähren. Ähem, ja...

Vor dem Bataclan dann eine lange Schlange. Bibbernde Menschen, die in der Eiseskälte auf Einlass warten und sich den Arsch abfrieren. Ich dachte, ich sei schlauer als diese Schafherde und reihe mich ganz vorne, schon fast am Eingang, ein. Da tippt mir plötzlich eine Französin auf die Schulter und sagt, ich solle mich hinten anstellen. Ein sehr unfranzössicher Reflex eigentlich, denn hier erzieht man normalerweise seine Mitbürger nicht, sondern lässt sie gewähren und sich schlecht benehmen. Aber nun gut, ich hatte halt eben das Pech auf eine blöde Pissnelke zu treffen! Wie so ein Hammel stelle ich mich tatsächlich ganz hinten an und verpasse prompt den Anfang von Wintersleep. Die Kanadier spielen, als ginge es um ihr Leben, ernten aber nur die gewohnten ignoranten Reaktionen. Ein paar Leute klatschen gelangweilt, anderen saufen Bier an der Bar. Perlen vor die Säue geworfen! Wintersleep sind nämlich richtig gut und bieten einen rassigen Indierock, an dem wenigstens etwas Erde klebt. Eine Mischung aus typisch amerikanischen Gruppen wie My Morning Jacket, REM, Band Of Horses, Built To Spill, Pavement, Pixies und englischen Post Punk Bands. Ich mag sie wirklich gerne, sie sind melodisch ohne sich anzubiedern, catchy und höllisch laut. Schade, daß ich nur vier Lieder von ihnen mitbekommen habe. Leider kann ich noch nicht einmal Titel nennen, obwohl ich Wintersleep dieses Jahr schon einmal in Haldern gesehen hatte. Nächstes Mal bin ich besser vorbereitet, denn ich habe beschlossen, alle drei Alben der Band zu kaufen!

Etwa eine viertel Stunde später stiegen die Maccabees in den Ring. Wie gewohnt gaben sie von Beginn an Vollgas und nahmen gut dreißig Minuten lang den Fuß nicht vom Gaspedal. Eine rotzfreche, aber hochsympathische und liebenswerte Band, die sich selbst nicht zu ernst nimmt und unbekümmert und frei von der Leber weg aufspielt und mich damit jedesmal euphorisiert. So auch heute. Schon nach dem Opener William Powers hatte ich ein Dauergrinsen in der Fresse und berauschte mich an dem zackigen Post Punk Sound und dem hibbeligen Beat der Rotznasen. So kernig auf den Punkt gebracht haben diesen Stil noch nicht einmal die ausgezeichneten Futureheads, mit denen man sie am ehesten vergleichen kann*. Kaum ein Song, der mich auf den ersten beiden Alben nicht begeistert hätte, im Gegenteil, so getrüffelt mit ohrwurmigen Knallern waren Alben junger englischer Bands in den letzten 10 Jahren sehr selten. Da verzeiht man ihnen auch, daß sie beim 2. Opus Wall Of Arms ein wenig bei Aracade Fire abgekupfert haben und man die ein oder andere Stelle schon einmal so ähnlich auf Funeral oder Neon Bible gehört hat. Ohnehin scheinen die Jungspunde um Sänger Orlando Weeks einen sehr ordentlichen Musikgeschmack zu haben. Wer covert schon die viel zu Unbekannten I Am Kloot? Kaum jemand! Die Maccabees trauen sich das, obwohl ihnen der Song Because eigentlich nicht sonderlich gut gelang und ich das Original von Bramwell bevorzuge. Das war aber auch schon das einzige Haar in der Suppe, denn der ganze Rest flutschte unglaublich gut. Das sonnig-heitere Can You Give It ist mit seiner kariös melodischen Gitarrenmelodie einer meiner Hits des Jahres und das deutliche düstere No Kind Words so schmissig und infektiös, daß ich jedesmal wild rumtobe ,wenn ich es höre. Und ich glaube sogar, daß ausnahmsweise recht viele Leute im Bataclan Gefallen an den unberechtigterweise lediglich als Vorgruppe an den Start gegangenen Maccabees gefunden haben.

Setlist Maccabees, Bataclan, Paris:

01: William Powders
02: One Hand Holding
03: All In Your Rows
04: Wall Of Arms
05: Young Lions
06: Can You Give It
07: Because ( I Am Kloot Cover)
08: No Kind Words
09: Love You Better

Und dann kamen die Editors, der Hauptact des heutigen Abends. Und hier kann ich es recht kurz machen: das Konzert war scheußlich! Ich fragte mich im Verlaufe des ekelhaft bombastischen, schwülstigen und unglaublich platten Sets, warum ich die einmal gut gefunden habe. Kein einziges Lied gefiel mir, die Hits von den ersten Alben hingen mir zu den Ohren raus und sind bei Licht betrachtet um ein oder zwei Ideen herum gebastelt und die neuen Sachen waren eine Zumutung. Allein die Assoziationen zu schauderhaften Bands aus den 80 er Jahren, die mir in den Sinn kamen, reichten aus, um mir Schweißperlen auf die Stirn zu treiben. You Dont Know Love klang nach Abba (Lay All Your Love On Me), The Boxer nach Bronski Beat ( Smalltown Boy) und die erste Zugabe Walk The Fleet Road nach A-ha (The Sun Always Shines On TV) Hinzu kam ein glattgeschmirgelter Sound wie aus der Konserve, ein wie immer nervig rumhampelnder Tom Smith und eine grellbunte Lightshow, die eigentlich nur an Silvester, sprich sturzbetrunken, zumutbar gewesen wäre. Einzig allein die Tatsache, daß meine Frau an mir unbekannter Stelle im Saale zugegen war, hielt mich davon ab, fluchtartig das Batclan zu verlassen. So blieb ich also bis zum bitteren Ende.

Das feiste Publikum hatte trotzdem seine Freude, klatschte mit, als sei es in einer Disco auf dem Ballermann und berichtete hinterher von einem tollen Konzert. Auch meine Freunde und Bekannten mochten das. Ich sagte lieber gar nichts, denn ich wollte nicht als Spielverderber dastehen, hatte aber dennoch meine liebe Mühe und Not, nicht mit der Wahrheit rauszuplatzen und zu bekennen, daß ich dieses Jahr noch kein schrecklicheres Konzert erlebt hatte.

Bei den Editors gehe ich hiermit von Bord. Mögen sie mit ihrem pathetischen Bombastsound die Stadien dieser Welt beschallen und genug Kohle scheffeln, um sich eine Wohnung in London kaufen zu können. Oder was auch immer.

Setlist Editors, Paris, Bataclan 2009:

01: In This Light And On This Evening
02:An End Has A Start
03:Blood
04: You Don't Know Love
05: Bones
06: The Boxer
07: The Big Exit
08: Escape The Nest
09: Eat Raw Meat Blood Drool
10: All Sparks
11: The Racing Rats
12: Like Treasure
13: Camera
14: Bullets
15: You Are Fading
16: Smokers Outside The Hospital Doors
17: Bricks and Mortar

18: Walk The Fleet Road
19: Munich
20: Pappilon
21: Fingers In The Factories


Pour nos lecteurs français:

- Wintersleep: bien. À ranger entre les groupes indé us (Pixies, My Morning Jacket, REM) et les groupes post punk anglais, sans les copier. La voix du chanteur est remarquable.

- Maccabees: très bien, ultra rapide et diabloquement remuant. Leur concerts sont toujours euphorisants et trouffés des tubes incroyablement catchy.

- Editors: affreux. Grandiloquent, lisse et sans âme. Les nouveaux morceaux sonnent so eighties et m'ont fait penser à des groupes kitsh comme Abba, A-ha et Visage. Leur tubes des deux premiers albums (Blood, Munich, The Racing Rats, Smokers Outside The Hospital Doors...), que j'ai écouté trois millions de fois, me soûlent. Le public a adoré par contre. À chacun son goût.


*Wo Christoph hier Ähnlichkeiten zu der Indie- Folk Szene um Noah & The Wahle sieht, müsste er mir einmal erklären.

Aus unserem Archiv:


- Interview mit den Editors
- Editors, Köln, 12.11.2009
- Editors, Haldern-Festival, 08.08.08
- Editors, Ferropolis, 18.07.08
- Editors, Reims, 30.05.08
- Editors, Paris, 07.04.08
- Editors, Krefeld, 14.03.08
- Editors, Paris, 11.11.07
- Editors, Köln, 08.11.07
- Editors, Paris, 06.07.07
- Editors, London, 17.06.07
- Editors, Köln, 13.06.07
- Editors, Paris, 26.08.06

* auf dem Foto links seht ihr eine von Christophs tollen Legoarbeiten. Abgebildet sind die Blood Red Shoes und die waren oft Vorgruppe von Maximo Park. Da wäre ich auch wegen der Vorgruppe gekommen...



Sonntag, 13. Dezember 2009

Julian Plenti, Paris, 13.12.09

2 Kommentare

Konzert: Julian Plenti
Ort: Theatre de l'Alhambra, Paris
Datum: 13.12.2009
Zuschauer: bei weitem nicht ausverkauft
Konzertdauer: etwa 60 Minuten



Stell Dir vor, der Interpol Sänger Paul Banks gibt unter dem Pseudonym Julian Plenti ein Konzert und keine Sau geht hin! Oder noch schlimmer: Stell Dir vor, Paul, der wohlgemerkt einer deiner Lieblingssänger ist, rauscht mit seinen Songs mindestens 30 Minuten komplett an Dir vorbei, ohne Dich in irgendeiner Weise emotional zu berühren!

Aber nun gut, wollen wir es nicht zu dramatisch darstellen. Gähnend leer war es im Pariser Alhambra nicht, wenngleich die Platzkapazität von 600 Plätzen nur zu ungefähr 2/3 ausgeschöpft wurde. Und wirklich mies war auch die erste Hälfte des Konzertes nicht. Dennoch, wenn ein bekannter Sänger einer erfolgreichen Rockband wie Interpol vor so wenigen Zuschauern spielt, ist das schon ein wenig befremdend. Wenn dann noch hinzukommt, daß die anwesenden Zuschauer durch die Bank weg durch Passivität, Ausdruckslosigkeit und Hüftsteifheit auffallen, wird es schon ein wenig gespenstisch. Ein solch maues Publikum habe ich seit langem nicht erlebt! Ob die Leute vorher Valium eingeworfen hatten? Oder steif vor Kälte waren, weil draußen frostige Temperaturen herrschten? Oder lag es doch an Julian Plenti und seiner Band? - Schwer zu sagen. Ich denke den Ami mit der Grabesstimme trift auch eine gewisse Mitschuld, denn er war gewohnt wortkarg und reserviert. Keine Frage, der Typ ist kalt wie eine Hundeschnauze, da beißt die Maus keinen Faden ab! Bloß, daß er bei Konzerten von Interpol die Chance hat, seinen Mangel an Strahlkraft und Kommunikationsvermögen durch etliche Killersongs zu kompensieren. Hier und heute aber blieben zumindest in den ersten dreißig Minuten die Stücke blass und ohne Biss. Julian Plenti, der zahnlose Tiger. Oder so. Abgesehen von einem kleinen Aufhorcher bei Fun That We Have rauschte das Programm an mir und höchstwahrscheinlich auch den meisten anderen Zuschauern vorbei. Sein Gitarrist, optisch eine Kreuzung aus dem jungen Willy Millowitsch und Charlie Chaplin, hampelte zwar unfassbar affig und theatralisch über die Bühne und sein Celllist fiedelte ebenfalls mit viel Engagement, aber Emotionen konnten sie dennoch nicht schüren. Es war enttäuschend! Da half es auch nichts, daß Julian stimmlich voll auf der Höhe war und sich kaum einen Patzer leistete. Die Sachen zogen nicht, das Konzert war lau und recht farblos.

Erst in der zweiten Hälfte schaffte es die Band, mehr zu überzeugen und den Funken wenistens ein bißchen überspringen zu lassen. Unwind hatte endlich mal mehr Bums und Only If You Run war mit seinem ausgeprägtem Streicherpart und der aggressiveren Darbietung definitiv stärker als auf dem Album. Die Ballade On The Esplanade nahm dann zwar wieder das Tempo raus, aber das Stück traf mit seiner zarten Melancholie voll in mein Herz. Gänsehaut. Endlich! So hatte ich mir das vorher eigentlich durchgängig erhofft, aber besser spät als nie. "I should have safed my energie", vielleicht hatte Julian den Text zu wörtlich genommen. Im ersten Teil Energie sparen, um dann am Ende Gas zu geben. Ganz nach dem Motto: Hinter wird die Ente fett! Und wie fett sie wurde! Fast so mastig wie die Wampe von Franck Black, dessen Pixies Song Into The White wirklich gelungen gecovert wurde. Skyscraper hielt dann den Spannungsbogen, was wenig verwunderte, da der Song auch einer der besten auf dem Album ist und das mir unbekannte Goodbye Toronto beendete äußert gelungen den offiziellen Teil.

Der Zugabenblock war schließlich absolut versöhnlich. Der psychdelische Sixties Klassiker A Horse With No Name folgte auf das instrumentale H und war deutlich besser als das Original von America. Wunderbar, wie harmonisch die Band zusammenspielte und den Oldie so richtig aufmöbelte. Nichts, aber auch gar nichts kam gegen das finale Games For Days an. Rasierklingenscharfe Gittarenriffs, ein gepeitschtes Schlagzeug und eine Stimme, die durch Mark und Bein ging, so wollte man Julian Plenti sehen! Ein veritabler Hammer zum Abschluß, der die maue erste Hälfte fast in Vergessenheit geraten ließ.

Dennoch eine Bitte an Paul: Begrab den Julian Plenti umgehend und geh' mit einem neuen, hoffentlich brillanten Interpol Album 2010 auf Tour!

Setlist Julian Plenti, Alhambra, Paris:

01: Mythsizer (J Dilla Cover)
02: Fly As You Might
03: No Chance Survival
04: Fun That We Have
05: Madrid Song
06: Girl On The Sporting News
07: Unwind
08: Only If You Run
09: On The Esplanade
10: Into The White (Pixies Cover)
11: Skyscraper
12: Goodbye Toronto

13: H
14: A horse with no name (America Cover)
15: Games for days

Fotos folgen!

Aus unserem Archiv:

Julian Plenti, Köln, 08.12.09
Interpol, Montreux, 16.07.08
Interpol, Brüssel, 23.11.07
Interpol, Paris, 21.11.07
Interpol, Köln, 19.11.07
Interpol, Hohenfelden, 17.08.07
Interpol, Köln, 11.05.07
Interpol, Paris, 10.05.07

- Die wie immer granatenhaft tollen Fotos von Julian Plenti findet man bei Konzertfotografenzar Robert Gil. Klick!




Reza & Laura Gibson, Paris, 12.12.09

3 Kommentare

Konzert: Reza & Laura Gibson (Oliver Peel Session # 14)
Ort: ein Wohnzimmer irgendwo in Paris
Datum: 12.12.2009
Zuschauer: 34
Konzertdauer: Reza etwa 40 Minuten, Laura Gibson 65 Minuten




Als ich vor ein paar Wochen auf die deutschen Konzertdaten der amerikanischen Folksängerin Laura Gibson hingewiesen habe, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, daß die hochsympathische Blondine zusammen mit ihren beiden Begleitmusikern von Musée Mécanique in unserem Wohnzimmer das letzte Konzert ihrer Tournee geben würde!

Zugegebenermaßen hatte ich aber schon Gewehr bei Fuß, als ich las, daß sie am 10. Dezember in der Pariser Flèche d'or auf dem Programm stand. Ob da nicht ein Abstecher in unsere Wohnstube möglich wäre? Vielleicht am 11. Dezember? Oder am 13.? Den 12. hielt ich nicht für machbar, da ich am diesem Tage schon seit geraumer Zeit eine Oliver Peel Session mit Reza vereinbart hatte. Aber wie sollte ich Laura sagen, daß ich sie gerne bei uns begrüßen würde? Einfach eine E-mail bei MySpace schreiben? Zu unpersönlich! Sie über ihre private E-mail Adresse kontaktieren? Gute Idee, aber mich verließ ein wenig mein Mut. Was, wenn sie nicht auf das Konzept "House show" steht? Ach, wahrscheinlich würde sie einfach überhaupt nicht antworten...

Dann aber sah ich durch Zufall bei MySpace, daß mein Bekannter Morgan Caris, der hinter dem hervorragenden Projekt Flowers From The Man Who Shot Your Cousin steht, Laura Gibson kennt. Morgan war gerade wieder von Kanada nach Paris zurückgekehrt und ich traf ihn beim Konzert von This Is The Kit im Espace B. Ich brachte das Thema Laura Gibson zur Sprache. "Ob Laura nicht eine Session bei uns spielen würde, was meinst Du Morgan", raunzte ich ihn an. "Würdest Du sie fragen und den ersten Kontakt herstellen?" Er versprach zu helfen und hielt das Ganze auf für realistisch.

Ein paar Tage später hatte ich eine E-mail der besonderen Art in meinem Briefkasten. Das Schreiben stammte von... Laura Gibson selbst! Sie würde sehr gerne eine Home Show spielen und hätte am 11., 12., oder 13. Dezember Zeit dafür! Ich solle mir einfach einen Tag aussuchen. Ich war wie vom Blitz getroffen und musste sofort mit meiner Frau sprechen! Als sie meinen freudigen Blick sah, schwante ihr schon, worum es gehen würde. In ihrer direkten Art ließ sie mir ausrichten: "Am Freitag (11) geht es schon mal gar nicht, weil ich da sehr lange arbeite und danach wie tot ins Bett falle. Und wenn Du gedenkst, sie für Sonntag einzuladen, dann musst Du alles selbst vorbereiten, ich werde dann zu einer Freundin gehen. Ich brauch auch mal ein bißchen Ruhe!"

Peng, das saß! Ich verstand mein Frauchen vollkommen, wollte aber um jeden Preis Laura Gibson in unsere Bude kriegen. Ein solch charmantes Angebot einer derart talentierten Sängerin kann man doch nicht so mir nichts dir nichts ausschlagen! Aber was tun? Am Samstag dem 12. die Session mit Reza stemmen und am Sonntag das ganze Essen für die Gäste alleine vorbereiten? Davor graute mir! Zu anstrengend ist es, solche Sessions zu organisieren und durchzuführen. Im Grunde genommen fühle ich mich vor und hinterher immer absolut platt. Nein, der einzige Weg war zwei Sessions am Samstag zu machen. Ich mußte Reza anschreiben, um ihn zu fragen, ob er damit einverstanden wäre. Ich hatte ziemlichen Bammel, denn ich kann verstehen, daß ein Künstler verschnupft reagiert, wenn man ihm einen weiteren, noch dazu bekannteren Act hinzubucht. Aber Reza reagierte ganz fantastisch. Er richtete aus, daß ihm das nichts ausmache und er sich auch freue, Laura Gibson live zu sehen. Er machte lediglich zur Bedingung als Erster an den Start zu gehen und ich sollte außerdem dafür sorgen, seine CD Moonless ein wenig zu promoten. Letzteres war für mich selbstverständlich, schließlich lief das vorzügliche Album bei mir seit Wochen in Dauerschleife. Somit stand fest, daß es am 12. Dezember eine doppelte Session geben würde. Reza und Laura Gibson im Doppelpack, wahrlich eine ganz feine Sache!

In der Folge stand das übliche Vorbereitungsprozedere auf dem Programm: Einladungs E-mails an Freunde und Bekannte verschicken, mit den Künstlern bestimmte Details absprechen und natürlich Einkäufe erledigen, da die Gäste verköstigt werden möchten und auch nicht auf dem Trockenen sitzen wollen. Zwar bringen viele ein Fläschen Wein, Süßigkeiten oder Blumen mit, aber darauf kann man nicht sicher zählen. Wir selbst, sprich meine Frau und ich, sehen zu, daß wir genug Bier, Wein und Softdrinks haben und überlegen auch, was wir zum Essen anbieten können. Wir entschieden uns diesmal für Sandwichs mit unterschiedlichen Belägen, da diese immer Abnehmer finden.

Am Donnerstag, dem 10. Dezember, trat dann Laura Gibson zusammen mit Musée Mécanique in der Flèche d'or auf (Infos, Setlist, Videos dazu unten). Für mich war es selbstverständlich, bei dieser Veranstaltung auf der Matte zu stehen. Erstens wollte ich mir den musikalischen Teil nicht entgehen lassen und zweitens natürlich unbedingt die Gelegenheit nutzen, Laura Gibson persönlich kennenzulernen. Und diese ergab sich dann vor ihrem Konzert. Ziemlich nervös lief sie durch die Flèche d'or und hatte verständlicherweise auch nicht den Kopf frei, sich länger mit mir zu unterhalten. Ich konnte das nachvollziehen, denn mir war klar, daß sie vor ihrem Auftritt Ruhe haben wollte und gedanklich noch ein paar Abläufe durchging. Hinzu kam, daß sie gesundheitliche Probleme hatte. Ein hartnäckiger Schnupfen, verbunden mit einem unangenehmen Husten, machten ihr schwer zu schaffen. Für Sänger bzw Sängerinnen natürlich besonders störend. Aber sie riss sich in bemerkenswerter Weise zusammen und absolvierte zusammen mit Micah und Sean von Musée Mécanique, die zuvor einen ganz vorzüglichen Auftritt mit ihrem eigenen Projekt hingelegt hatten, ein wundervolles Konzert. Ich war entzückt und enorm angetan. Was für ein Talent! Welch traumhaft schöne Stimme! Und was für eine angenehm natürliche Ausstrahlung! Daß sie wirklich sehr nett und zugänglich ist, konnte ich dann am Merchandising Stand erfahren. Wir unterhielten uns ganz entspannt und sie war lieb und herzensgut. Auch Micah und Sean waren mir auf Anhieb sympatisch und ich hatte sogar noch die Gelegenheit, ihren exzellenten deutschen Tourmanager kennzulernen, der neben Laura auch noch einige andere Granaten (u.a. Alela Diane, Calexico, Lambchop, Rickie Lee Jones, Magnetic Fields, etc.) betreut. So ganz nebenbei bekundeten auch noch vier junge Amerikanerinnen, die das Konzert genossen hatten, ihr Interesse bei unserer Session mit Laura dabei zu sein. Dagegen hatte ich rein gar nichts einzuwenden, denn wir sind immer offen für neue Gesichter.

Und dann war er gekommen, der große Tag! Ausnahmsweise hatte ich gut geschlafen, eine Seltenheit in der Nacht vor der Session. Ich tätigte letzte Einkäufe, checkte E-mails der potentiellen Gäste und ging eine Runde im Park spazieren, um den Kopf freizubekommen. Meine Frau schmierte unterdessen fleißig Sandwiches. Ohne sie könnte ich die Sessions nie und nimmer stemmen, ihr gebührt ein ganz großes Lob.

Gegen 16 Uhr rief mich Reza an und fragte, ob er seinen Verstärker mitbringen solle. Ich bejahte, denn es ist immer sicherer, wenn die Künstler mit ihrem eigenen Material ankommen. Wir haben zwar einen geliehenen Verstärker von Marshall, aber mit dem gab es auch schon das ein oder andere Problem. Reza erwies sich als wahrer Gentleman, er schleppte auch ein Mikro an, das Laura Gibson später benutzen durfte und borgte zudem Micah von Musée Mécanique seine Gitarre. Ohnehin eine enorm angenehme Erscheinung, dieser Reza Hatami. Im Alter von zwölf Jahren kam er mit seinen Eltern aus dem Iran nach Frankreich und spricht inzwischen akzentfrei französisch. In einem seiner schönsten und berührendsten Lieder, der Ballade Rain, geht es um seine Familie und ich bin immer sehr gerührt, wenn er textlich fragt: "Do you think they were happy, before they left their country?"

Aber vor seinem Set warteten wir erst einmal bis genügend Leute eintröpfelten. Ich mache immer drei Kreuze, wenn ich sehe, das ausreichend Gäste zusammenkommen, denn man kann sich nie sicher sein, daß auch alle erscheinen, die schriftlich zugesagt haben. Letztendlich waren wir 34, darunter so einige Amerikaner. Eine erfreuliche Resonanz!

Und dann schickte ich den guten Reza in den Ring. Ein paar Sätze zur Vorstellung, ein kurzes Dankeschön fürs Kommen und log ging es. Und zwar ganz schön laut. Reza hatte aus Angst, man könne ihn hinten nicht verstehen, den Verstärker viel zu stark aufgedreht und spielte das erste Lied mit einer Dezibelzahl, mit der man einen Saal für 500 Leute hätte beschallen können! Aber solche kleinen Pannen nehmen wir bei uns ganz sportlich, denn gerade das macht den Charme der Sessions aus. Ab dem zweiten Lied war der Sound dann auch perfekt und höchstens das Miauen unserer dicken Katze störte ab und an den wundervollen Vortrag von Reza. Wer den Singer - Songwriter nicht kennt, muss wissen, daß er normalerweise mit einer vierköpfigen Band (inklusive Kontrabass) unterwegs ist und teilweise richtig rockig werden kann. Hier und heute aber verließ er sich auf das Zusammenspiel von Stimme und Akustikgitarre. Und dieses Zusammenspiel klappte ganz hervorragend, denn Reza hat eine famose Baritonstimme und ein höchst elegantes und schnelles Gitarrenspiel in die Waagschale zu werfen. Zu Beginn zitterte seine Stimme zwar ein wenig vor Aufregung, dann aber wurde sie von Stück zu Stück sicherer und fester. Reza bekundete, daß er es ein wenig einschüchternd finde, so nah vor den Zuhörern zu spielen, das seien schon ganz besondere Bedingungen in einem Appartment. Und das stimmte natürlich, denn jeder guckt dir ganz genau auf die Finger, bemerkt jeden noch so kleinen Schnitzer und hört Dir hochaufmerksam zu. Eine Ruhe wie in unserer Wohung während einer Session, herrscht bei normalen Konzerten nie. Irritiert fragte Reza deshalb ein paar mal nach, ob bei den Gästen auch alles in Ordnung sei, sie seien so unglaublich leise.

Wobei sich das leise sein auf die Zeit während des Vortrages der Songs bezog. Nach jedem Lied brandete hingegen oft ein sehr lautstarker Beifall auf, der den Franzosen sichtlich beflügelte und auch rührte. Er dankte es dem Publikum mit einigen Perlen seines glänzenden zweiten Albums Moonless, darunter Child und The Letter. Das düstere, fast psychedelische The Flying Girl befindet sich allerdings schon auf der ersten EP des Musikers. Ich hätte ihm stundenlang zuhören können, aber er beendete sein Set bereits nach 35 Minuten mit Back Home. Stürmischer Applaus brandete auf und er versüßte uns den Abend dann noch mit einer gelungenen Coverversion des eigentlich absolut scheußlichen 80 er Jahre Klassikers The Final Countdown von Europe.

Unsere Gäste begannen nun, sich auf das Buffet zu stürzen und Bekanntschaft zu schließen. Wir haben inzwischen einige Stammgäste, aber mit jeder Session stoßen neue Gesichter hinzu. Ungemein bereichernd, auf diese Weise soziale Kontakte zu schließen und Leute aus allen möglichen Ländern kennenzulernen. Dass ich bei 35 Gästen nicht die Gelegenheit habe, mit jedem ausgiebig zu plaudern, sollte sich von selbst verstehen. Aber ich versuche dennoch, allen das (wahrhaft empfundene) Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Ein besonderes Anliegen ist mir die Betreuung der jeweiligen Künstler. Im konkreten Falle hatte Laura Gibson mich um einen Tee mit Honig gebeten, um ihre kränkelnde Stimme zu ölen. Ich hatte auch schon das Wasser aufgesetzt, aber völlig vergessen, es vom Herd zu nehmen. So sprudelte das Wasser fast 45 Minuten lang auf der Herdplatte vor sich hin, denn es stand bereits vor (!) dem Konzert von Reza da. Etwas betröpfelt schaute Laura auf den Topf, in dem nur eine Pfütze dümpelte, weil der Rest inzwischen verdunstet war. Ich entschuldigte mich mehrfach und setzte ihr neues Wasser auf. Peinlich! Aber sie reagierte unglaublich lieb und nahm mir das nicht übel. Dabei wollte ich doch alles tun, um sie einsatzfähig zu kriegen! Sogar ein Grippemedikament trieb ich auf und irgendwie bildete ich mir ein, daß das zumindest psychologisch geholfen haben mag, denn Laura spielte quasi beschwerdefrei durch und musste erst bei der Zugabe einmal kurz husten.

Aber es gab noch ein anderes Problem. Sean von Musée Mécanique brauchte für sein Minikeyboard 5 AA Batterien. Soviel hatte ich nicht im Hause! Mist! Was jetzt? Ich wollte unbedingt, daß er das Instrument einsetzen kann und fackelte nicht lange, stieß die Tür auf und eilte bei eisigen Temperaturen im T-Shirt zum nächsten arabischen Tante Emma Laden, um die Batterien aufzutreiben. Mit drei Päckchen unterm Arm kam ich wieder und Laura, Micah und Sean hatten schon alles aufgebaut und waren spielbereit. Sean steckte die Batterien in sein Keyboard und ich war in der glücklichen Situation ganz besondere musikalische Gäste ankündigen zu dürfen: "Listen everybody. I'm very glad to present you Laura Gibson and Micah and Sean from Musée Mécanique. For me it's like a dream come true to have Laura here, I can't believe it! They were touring all over Europe. They have played in Germany Holland, Switzerland, Holland, Belgium, Austria and in The UK. Today it's their last concert of the tour. So make yourself comfortable and let's start"

Laura trat ans Mikro und warnte schon einmal sicherheitshalber vor, daß sie erkältet und nicht bei Stimme sei. Aber diese Warnung war wie bereits erörtert unangebracht, sie sang ganz ausgezeichnet. Überhaupt ihre Stimme: so herrlich warm, betörend und mit einer jazzigen Note versehen, die ihr einen wunderbar altmodischen Charme verleiht. Als käme das Ganze von einem alten Grammofon, so in etwa klingt das bei Fräulein Gibson. Während ich diese Zeilen schreibe, läuft gerade die Tonbandaufnahme von diesem Konzert auf meinem Kopfhörer und ich bin wirklich sehr gerührt, wenn ich Laura singen höre. Ich bin nicht der Einzige, dem es so erging, ein paar unserer Gäste haben mir hinterher gestanden, daß sie mit Tränen in den Augen dem wundervollen Vortrage gelauscht hatten. Aber nicht nur Lauras tolle Stimme war erwähnenswert, sondern auch die brillante musikalische Begleitung durch Sean und Micah. Die beiden spielten auf engstem Raume so unglaublich gekonnt und perfekt getimt Melodica, Glockenspiel, Banjo, singende Säge und Keyboard, daß es mir den Atem verschlug. Laura alleine auf der Akustikgitarre wäre schon herrlich gewesen, aber mit den lieblichen Glöckchen, der einfühlsamen Melodica und der himmelhochjauchzenden Säge war das ganze noch eine Spur schöner und aufregender. Sensationell wie es die drei Musiker schafften, in einem Wohnzimmer die Lieder von Lauras Alben authentisch nachzuspielen!

Jeder einzelne Song war ein veritables Kleinod, so daß ich nicht sagen kann, ob mir der Opener Come By Storm, der schwungvolle Hit Hands In Pockets oder das von herrlichen Chorgesängen getragene O Frailty besser gefallen hat.

Aber es gab nicht nur die Lieder, die zur besonderen Atmosphäre beitrugen, sondern auch die vielen kleinen Anekdoten, Erläuterungen und Zwischenfälle. Laura erklärte beispielsweise, daß sie sehr ungeschickt sei und beim Stimmen ihrer Gitarre diese oft gegen einen Gegenstand haue ("I'm very glumsy"), während Micah zur gleichen Zeit versuchte, ein Fenster zu schließen. Da dieser Vorgang etwas länger dauerte, rief ich ihm auf englisch zu, daß er den Hebel nach oben ziehen müsse, was er ganz cool und trocken mit folgenden Worten konterte: "We have windows in America too, Oliver." Großes Gelächter, aber ich erwiderte frech: "Ja schon, aber nicht so alte, wie wir in Paris! " Da musste der Musiker herzhaft schmunzeln.

Dann sollte das Publikum mitmachen. Den dadada- Singalong zu dem walzerähnlichen Nightwatch bekamen vor allem die weiblichen Gästen super hin und unser Wohnzimmer wurde von einem improvisierten Sängerchor und der unglaublich laut vibrierenden singenden Säge beschallt. Laura schien zufrieden und erklärte, daß dieses Lied auf der Tour unterschiedlich funktionierte. Die Deutschen (mit Ausnahme der Berliner!) hätten das ganz toll hinbekommen, aber am besten sei es in kleinen deutschen Städten gelaufen. Kleine deutsche Städte? "Meinst Du München, rief ich leicht provokant herein und Micah erwiderte: "No, we mean very small towns."

Noch witziger in diesem Zusammenhang: die Schweizer hatten das Mitgesinge nach Lauras Meinung überhaupt nicht drauf gehabt. Aber sie wolle niemanden verletzen. "Ob denn Schweizer im Raume seien? Nein? Dann ist ja gut"...

In der Folge performte Laura drei Lieder ganz alleine. Beim Traditional All The Pretty Horses ( das sie als "sweet lullaby turns screepy cowboy song" bezeichnete) war ihre Stimme so pur, rein und nahegehend wie ich das nach ihrem Hustauftritt in der Flèche d'or nicht zu Träumen gewagt hätte. Traumhaft! Auch ihr Guitarpicking war sehr grazil, sie arbeitet viel mit ihrem langen Zeigefinger ,den sie gekonnt über die Nylonsaiten strich. Country Country hatte sie für ein Thaterstück geschrieben, was bei ihr alte Erinnerungen ans Tageslicht beförderte. Sie hätte eigentlich nie sonderlich viel Gück mit Theaterstücken gehabt, denn in der Highschool sollte sie den Gesangespart von Bye Bye Birdie übernehmen, war aber so nervös ("frozen" wie sie es plastisch ausdrückte), daß sie es verpatzte und bei der offiziellen Aufführung des Stückes an den Vorhang verbannt wurde! Dumm gelaufen! Dabei waren die anwesenden Eltern alle so stolz auf ihre Kinder und lobten sie in den höchsten Tönen ("Oh Johnny, I knew you were meant for the stage, oh Tina, it's your very special night", köstlich wie Laura die Lobhuldeleien der Eltern schilderte!), was Lauras Mutter dazu veranlasste, ein Schild hochzahlten, auf dem stand: "You do the courtains, Laura Gibson!"

Eine wahrlich amüsante Anekdote, auf die der traurige Funeral Song folgte, bevor Micah und Sean zurückkamen und gemeinsam das feine Stück Where Have All your Good Words Gone? performten, bei dem die Säge noch eimmal divenhaft laut aufheulte. Dann durften die Jungs, die unglaublich froh waren, daß mal jemand ihren Bandnamen richtig ausspricht, allein ran und Micah sang im Stile eine Guy Garvey (Elbow) die an Simon & Garfunkel erinnernde Balladee Things That I Know. Musée Mécanique sind brillant, ihr im Januar erscheinendes Album muss ich unbedingt haben!

Unterdesen war die Zeit für die letzten zwei Lieder von Laura angebrochen. Sie schoß mir Pfeile durchs Herz, als sie erklärte, daß es für sie das Schönste sei, die Tour mit einem Wohnzimmerkonzert zu beenden. Ich bekam eine Gänsehaut und rang um Fassung, hatte aber Glück, daß Laura nun mit viel Schmiss Spirited schmetterte, ein Song, der musikalisch eine Mischung aus Alela Dianes The Pirate's Gospel und Mushaboom von Feist darstellt.

Mit dem Elisabeth Cotten Cover Shake Sugaree endete dann nach über eine Stunde dieses wundervolle Konzert und ich hatte das Gefühl, mein Weihnachtsgeschenk schon am 12. Dezember bekommen zu haben.

Was für eine herrliche Session zum Abschluß des Jahres! Wow, wow, wow!

Aber wie sollen wir nun bloß dieses Niveau halten?

Reza magistrale! Laura Gibson époustouflante! Une soirée magique!

Setlist Laura Gibson, Oliver Peel Session # 14, Paris:

01: Come By Storm
02: Hands In Pockets
03: Postures bent
04: O Frailty
05: Nightwatch
06: All The Pretty Horses (Traditional)
07: Country, Country
08: Funeral Song
09: Where Have All Your Good Words Gone?
10: Things That I Know (Musée Mecanique)
11: Spirited
12: Shake Sugaree (Elizabeth Cotten)

Hier gibt es ein famoses Video von einem Auftritt in der Old Church in Portland. Laura Gibson performt Spirited.

Setlist Reza, Oliver Peel Session # 14, Paris (merci à Reza)

01: Desert Land
02: Waiting
03: Flying Girl
04: Rain
05: Child
06: Remake
07: The Letter
08: Back Home

09: The Final Countdown (Europe Cover)

Videos von dieser Oliver Peel Session von Uschi (danke, Uschi!):

- Laura Gibson - Hands In Pockets
- Laura Gibson - Come By Storm
- Laura Gibson - Where Have All Your Good Words Gone

Reza - Flying Girl
Reza - Rain
Reza- Save My Life

Exkurs:

- Musée Mécanique in einer charmanten Session von Le-hiboo.com (klick!) Sie performen Things That I Know im Restaurant der Flèche d'or. Auf verlinkter Seite von le-hiboo gibt es auch zwei sehr schöne Livevideos von Musée Mécanique. Nothing Glorious und Under Glass. Desweiteren auch drei feine Videos vom Auftritt von Laura Gibson in der Flèche d'or. Hands In Pockets, Come By Storm und Shadows on Parade.

Tres belles vidéos de Musée Mécanique et de Laura Gibson @ La Flèche d'or sur le hiboo. C'est par ici

Setlist Laura Gibson, La Flèche d'or, Paris:

01: Shadows On Parade
02: Hands In Pockets
03: Come By Storm
04: O Frailty/Postures Bent
05: Nightwatch
06: All The Pretty Horses (Traditional)
07: Conutry, Country
08: Where Have All Your Good Words Gone?
09: Sweet Deception
10: Spirited
11: Glory

12: Take This Waltz (Leonhard Cohen Cover)

Setlist Musée Mécanique, La Flèche d'or, Paris:

01: Two Friends Like Us
02: Under Glass
03: Nothing Glorious
04: Things That I Know
05: Somehow Bound
06: SleepingIn Other Clothes
07: Southern Road

Hier schreibt Eike, der Wayne Gretzky der Bloggerszene, über das Konzert von Laura Gibson in München.



 

Konzerttagebuch © 2010

Blogger Templates by Splashy Templates